Nachdem der Bookdates-Contest nun abgeschlossen ist, möchte ich hier auch noch meinen Fantasy-Beitrag archivieren. Wer weiß, vielleicht begegnet man dieser Szene in der Zukunft in einem Talandor-Roman?
„Nein!“ Varga schleuderte ihn zu Boden und richtete die Schwertspitze auf seine Kehle. „Du gehst erst, wenn ich die Wahrheit gehört habe!“
Schlagartig verstummten die Gespräche in der Taverne. Der Fiedler nahm den Bogen herunter und drei Dutzend Augenpaare richteten sich auf sie.
Arnault stöhnte. Er hatte damit gerechnet, dass sie ihn durchschauen würde – aber warum schon jetzt? Warum hier? Seine Geschichte war nicht für so viele Ohren bestimmt. „Varga …“, bat er sanft.
Die Schwertspitze kam näher. Ihre Augen funkelten.
Früher hätte er es mit seinem entwaffnenden Lächeln und einem Scherz versucht. Doch das war vorbei. „Gut. Lass mich aufstehen und ich erkläre alles.“
„Erst zeigst du dein Gesicht.“ Ihre Stimme ließ keinen Widerspruch zu.
Arnault schloss die Augen. Er könnte sich mit einem Zauber befreien, aber er war gerade erst zurück und wollte sie nicht schon wieder verlieren. Also gab er nach. Schob die Kapuze herab und wickelte den Schal von Mund und Nase.
Varga runzelte die Stirn.
Verständlich.
Er formte das Zeichen, flüsterte die Worte, und der Schatten, mit dem er seinen Körper verbarg, verschwand.
Ein Raunen ging durch die Menge. Dann Unruhe. Panik.
„Drache!“, schrie jemand.
Stühle fielen, Tische rumpelten, Menschen stürzten, flohen. Der Fiedler rannte wild geigend zur Tür hinaus. Die Schankmaid kreischte und warf einen Steinkrug, der Arnault nur knapp verfehlte, und einen zweiten, den Varga mit dem Schwert zerteilte.
„Ruhe!“, brüllte sie.
Und es wurde still. Arnault bewunderte die Macht, die der Stimme seiner Schwester innewohnte.
„Raus. Alle. Aber langsam und geordnet.“ Sie fegte einen weiteren Krug aus der Luft und deutete mit dem Schwert auf die Schankmaid. „Schluss damit!“
Als die Leute fort waren, setzte sie sich. „Tut mir leid, ich wollte keinen Tumult.“ Seufzend rieb sie sich übers Gesicht. „Doch nach all deinen Worten und Taten war ich sicher, du wärst mein Bruder. Dass du gar nicht gestorben bist und du dich dennoch vor deiner Pflicht zur Thronfolge drückst. Mich auch noch mit deiner Anwesenheit verhöhnst.“
Arnault lächelte traurig. „Dein Instinkt war wie immer richtig, Schwester. Ich bin es.“
Ungläubig starrte sie ihn an. „Aber du hast die Prüfung der Drachen nicht bestanden. Ich sah dich in die Flammen stürzen!“
Er seufzte. „Hier hingegen irrst du. Ich habe die Prüfung bestanden. Nur leider etwas zu gut. Die Drachen machten mich zu einem der ihren.“
Schweigen.
„Du wirst also nicht König?“
Er schüttelte den Kopf.
„Das habe ich befürchtet.“