Rezensionen – oder: Wie man Indie-Autor*innen aus Versehen das Genick bricht

Kurzer Hinweis vorneweg: Dieser Beitrag richtet sich an alle, die

  1. eine Rezension eines im Selfpublishing veröffentlichten Werks auf einer Verkaufsplattform bewerten wollen (Thalia, Amazon, Osiander, etc.). Mit anderen Worten: Rezensionen auf Social Media oder reinen Leseplattformen wie LovelyBooks sind hiervon ausgenommen.

    UND
  2. ein Werk rezensieren wollen, das weniger als 500 Bewertungen hat. Wenn das Werk 500 Bewertungen oder mehr hat, fühle dich also bitte nicht angesprochen.

Wenn diese beiden Punkte nicht auf dich zutreffen, kannst du diesen Beitrag getrost ignorieren. Alles klar? Dann lass uns loslegen.

Drei Sterne.

Klingt harmlos, oder? Ein bisschen so wie: „War okay. Nicht mein Lieblingsbuch, aber auch nicht totaler Mist.“
Im echten Leben wäre das sowas wie: „Ich hatte ein ganz nettes Date, aber der Typ hat beim Essen geschmatzt und einen echt seltsamen Farbgeschmack.“
Also… nicht schlimm. Aber auch kein Grund, es zu wiederholen.

Im Selfpublishing allerdings sind drei Sterne der Tod.
Und nein, ich übertreibe nicht. Drei Sterne auf Amazon sind wie 4 mg Propofol, intravenös, direkt in den Algorithmus.
Und der liegt danach regungslos in der Ecke, sabbert und sagt: „Das Buch? Nein danke. Niemand liebt es.“

 

„Aber ich war doch nur ehrlich!“

Ja. Natürlich warst du ehrlich. Und das ist grundsätzlich ein schöner Wert. Ehrlich sein ist gut. Ich schätze Ehrlichkeit enorm und halte selbst nie mit meiner Meinung hinter dem Berg – im persönlichen Gespräch mit Menschen. Algorithmen sind ein ganz anderes Thema. Denn Ehrlichkeit ohne Kontext, ohne Bewusstsein für Wirkung und Reichweite, ist nicht edel. Sie ist selbstgerecht. Wenn du „nur ehrlich“ bist, aber dabei übersiehst, wen oder was du mit dieser Ehrlichkeit ruinierst, dann ist das keine Tugend – das ist ein Arschloch-Move in Sonntagsklamotten. Es ist die eine Sache, deiner besten Freundin im Vertrauen zu sagen, dass ihr Hintern in dieser Hose fett aussieht, und eine andere, sich mit einem Megafon auf den Brauttisch bei ihrer Hochzeit zu stellen und es in den Saal zu plärren.

 

Es geht nicht um deine Meinung – es geht um ihre Folgen.

Denn hier ist das Ding:
Im Selfpub gibt es keinen Verlag, der 10.000 Euro in Werbung ballert.
Keine Presseabteilung, kein Feuilleton, keine Farbschnitt-Kampagne einer Influencerin, die wie eine halbnackte Elfe durch BookTok flattert.
Da gibt’s nur die Autorin. Und vielleicht noch ihre Katze, die auf dem Manuskript schläft.

Was es aber gibt: den Algorithmus. Und der ist dumm wie Brot.

Der schaut sich an, wie viele Rezensionen ein Buch hat. Wie viele Sterne. Wie viel Interaktion. Und entscheidet dann, ob es das Buch anderen Leser*innen zeigt – oder eben nicht.

Und weißt du, was passiert, wenn eine einzige 3-Sterne-Rezension da steht – bei nur drei oder vier Bewertungen insgesamt?

Der Algorithmus denkt: Ah, ein Kack-Buch. Und versteckt es.
Vielleicht nicht für immer, aber mindestens bis die Autorin zehn weitere Vier- oder Fünf-Sterne-Rezensionen von ihren drei Hardcore-Fans, ihrer Mutter und ihrem Frisör erpresst hat.

Es reicht eine vermeintlich „faire“ 3-Sterne-Wertung, und das Buch hat keine Chance mehr.
Nicht gegen die Verlagsmaschinerie, nicht gegen die Heerscharen von Rezensionsexpressen, nicht mal gegen KI-generierte Erotik in einer erzwungenen Bratva-Ehe.

 

„Aber ich fand es halt nur mittelmäßig!“

Alles gut! Das ist völlig in Ordnung, okay? Entspann dich! Denn weißt du, was du dann einfach machen kannst?

Gar nichts.

Wenn du ein Buch ganz okay fandest – aber nicht so geil, dass du es uneingeschränkt weiterempfehlen würdest – dann schreib einfach keine Rezension. Bäm!
Es zwingt dich tatsächlich niemand dazu. Es gibt keine Rezensierpflicht, nur, weil du bei einer Leserunde dabei warst oder aus anderen Gründen ein Rezensionsexemplar bekommen hast. Du wirst nicht verhaftet, wenn du ein Buch einfach weglegst und schweigst. Du kannst der Autorin einfach unter vier Augen schreiben „Hey, war nicht so knorke, ich halt mal die Rezension hinterm Berg, oki?“

Denn eine Nicht-Rezension ist neutral.
Eine 3-Sterne-Rezension ist nicht neutral. Sie ist eine negative Wertung.
(Frag mal dein Gehirn, ob du eine Drei in Mathe geil fandest oder ob du einen Akkuschrauber mit einer Drei-Sterne-Bewertung kaufen würdest.)

Wenn du mit deinem Text der Autorin eigentlich sagen willst:

„Ich mochte vieles, aber manches hat für mich nicht funktioniert“, dann schreib das – aber vergib keine Sterne. Denn auch, wenn du es vorher vielleicht nicht gewusst hast, jetzt weißt du, wie sehr das schaden kann.

 

„Aber ich will niemanden anlügen.“

Musst du nicht!

Darum geht’s nicht und schon gar nicht darum, jemandem in den Hintern zu kriechen. Es geht darum, den Kontext zu würdigen. Und dir deiner Macht bewusst zu sein.
Eine Drei-Sterne-Rezension bei einem Indie-Buch mit fünf Rezensionen ist nicht dasselbe wie bei einem Spiegel-Bestseller mit 5.000.
Wenn du dem Indie-Buch 3 Sterne gibst, ist das, als würdest du eine persönliche Warnung an alle Leser*innen aussprechen, die Finger von diesem Buch zu lassen.

Der Kontext ist entscheidend.

 

„Ich dachte, 3 Sterne wären okay!“

Das denken viele. Und ich sag das ohne Groll – wirklich.
Aber das ist ein fataler Irrtum.

Amazon, Thalia, LovelyBooks & Co. interpretieren das anders.

  • 5 Sterne: „OMG!!! Kaufen!!! Lesen!!! Lieben!!!“
  • 4 Sterne: „Echt gut! Kleine Schwächen, aber top.“
  • 3 Sterne: „Langweilig, meh, vergeudete Zeit.“
  • 2 Sterne: „Muss das sein?“
  • 1 Stern: „Mein Gott, warum??“

Drei Sterne sind nicht neutral. Sie sind eine Warnung.

 

Also, was ist zu tun?

Wenn du ein Buch gelesen hast und:

 

✅ Es hat dir gefallen:

Dann sag das! Schreib eine Rezension, gib 4 oder 5 Sterne, hilf dem Buch, seine Leser*innen zu finden.
Denn das ist der Sinn: Rezensionen sollen anderen helfen, zu erkennen, ob das Buch etwas für sie ist.

Nicht: „War jetzt nicht mein Ding, also kriegt’s 3.“ Oder noch bitterer: „Das ist ein richtig gutes Buch! Für jemand anderen. Mir hat der Stil nicht gefallen. Aber es ist bestimmt genial für die richtige Leserin.“ Newsflash: Niemand liest deine Rezension. Alle gucken nur auf die Sterne und wenn die bei drei oder weniger sind, klicken sie nicht mal auf den Titel, selbst wenn dieser eine Verschmelzung ihrer geheimsten Sehnsüchte ist und der Klappentext so klingt, als wäre er nur für sie geschrieben worden.

Wenn du denkst: „Ich mochte die Protagonistin, es war flüssig geschrieben, es war nicht perfekt, aber ich hab’s gern gelesen.“

Dann ist das 5 Sterne wert (oder meinetwegen 4) – weil es anderen Leser*innen sagt: Greif zu.

 

⚠️ Du bist unsicher oder fandest es mittelmäßig:

Dann verzichte! Mach dein Kreuz bei „gelesen“ auf Goodreads oder LovelyBooks, aber sag nichts weiter.
Kein Stern ist besser als wenige Sterne.

 

❌ Du hast es abgebrochen oder fandest es katastrophal:

Okay. Einverstanden. Wenn du denkst, du musst wirklich andere Leser*innen vor diesem Buch warnen, dann tu es. Aber sei dir bewusst, was du tust.
Wenn du weißt, dass ein Buch von einer Indie-Autorin stammt, die ohne Verlag arbeitet, ohne Werbebudget, ohne Push – dann frag dich kurz:

„Will ich sie wirklich zerlegen – oder kann ich meine Kritik auch einfach direkt an sie schreiben?“

Denn wer Indie-Bücher liest, ist Teil der Community. Und da ist der Ton genauso entscheidend wie der Inhalt.

 

Rezensionen sind das Lebenselixier von Selfpublisher*innen.

Sie entscheiden über Sichtbarkeit, Reichweite, Verkäufe, Förderungen, Preise, Messen, Marketingchancen.
Ein Buch ohne Rezension ist unsichtbar.
Ein Buch mit schlechten Rezensionen ist tot.

Ein Buch mit wenigen, aber liebevollen 4- und 5-Sterne-Rezensionen hat eine Chance.

Und wenn du als Leser*in willst, dass Vielfalt bestehen bleibt, dass neue Stimmen gehört werden, dass spannende Welten ohne Einheitsbrei existieren, dann sei dir der Macht deiner Rezension bewusst.

 

Das ist keine Erpressung – das ist Realität.

Der Selfpublishingmarkt ist riesig und hart umkämpft. Für Indies ohne Reichweite ist es ohnehin schon fast unmöglich, sichtbar zu werden. Gerade jetzt im Zeitalter der KI-Bücher, wird der Markt noch unübersichtlicher und Kaufentscheidungen in Sekundenschnelle getroffen. Menschen, die ehrlich versuchen, gute Geschichten zu erzählen, brauchen dich.

Nicht, damit du ihnen Honig ums Maul schmierst, dich verbiegst und nur noch Top-Rezensionen schreibst – sondern um ihre Arbeit nicht aus Versehen zu sabotieren. Also ja – schreib deine Rezension. Sei ehrlich. Sei fair. Aber sei dir auch bewusst: Was für dich nur ein Klick auf drei Sterne ist, ist für eine Autorin das Ende der Sichtbarkeit.

Und wer das weiß – und trotzdem auf „drei Sterne“ klickt, obwohl er das Buch eigentlich mochte – der muss sich die Frage gefallen lassen, ob er gerade unabsichtlich ein kleines literarisches Pflänzchen zertreten hat. Oder ob es Absicht war.

Denn dann sag ich: Go for it. Und bring gleich den Flammenwerfer mit.
Aber dann steh auch dazu.
Und sag nicht hinterher, du wolltest nur helfen.


Rezensionen sind wie Zaubertränke. Sie können heilen. Sie können töten. Sie können das Unsichtbare sichtbar machen.
Vergib sie mit Bedacht. Und mit Herz.
Denn wir, die Indies, schreiben unseres in jedes verdammte Wort.

Und das Mindeste, was wir uns wünschen, ist: Dass man uns nicht aus Versehen vom Tisch wischt, nur weil jemand dachte, drei Sterne seien doch eh ganz freundlich.

 

Aber! Ich will nicht nur meckern, sondern auch eine Lösung bieten.

Trommelwirbel, Applaus, dramatischer Vorhang: Hier kommt der Rezensionator 3000!

Ein kleines, feines Tool, das dich mit einem Augenzwinkern durch die Rezension führt. Einfach ein paar lustige Angaben machen – und am Ende bekommst du einen charmanten, individuellen, ehrlichen (und gleichzeitig wohlwollenden!) Text ausgespuckt, den du direkt übernehmen oder als Inspiration nutzen kannst. Kein Rumstochern mehr in Formulierungen, kein Grübeln über die richtige Balance zwischen Lob und Kritik – der Rezensionator übernimmt das für dich.

Denn ich will nicht, dass du schweigst – ich will, dass du mit mir zusammen diese Bücherwelt rockst.
Und wenn du dabei auch noch schmunzeln konntest: umso besser. 😘

Der Rezensionator 3000

Kennst du das? Deine Freundin ist Autorin und nervt dich ständig, dass du ihr eine Rezension schreiben sollst, damit die Leute denken, sie hätte es drauf? Oder hast du tatsächlich ihr Buch gelesen und fandest es irgendwie schon ganz geil, unterstützen willst du sie auch, aber du hast so hart keinen Bock darauf, dir eine Rezension aus den Fingern zu saugen? Dann hab ich hier genau das richtige für dich! Der Rezensionator 3000!

Beantworte ein paar einfache Fragen und der Rezensionator präsentiert dir vollautomatisch eine Rezension, die du nach Belieben und vollkommen frei auf jeder Plattform deiner Wahl teilen kannst. Und das auch solltest, denn es ist der einzige Weg, wie du dir gleichzeitig die unendliche Dankbarkeit deiner Freundin verdienst und sie dazu bringst, dich nicht mehr um eine Rezension anzuflehen.

Hinweis: Dies ist ein technisch simples Skript, das weder KI verwendet, noch durch irgendwelche Bots unterstützt wird. Wenn du es also wahnsinnig witzig finden solltest, irgendwelche Obszönitäten in das Formular einzugeben, dann wird das Ergebnis diese auch enthalten. Dafür übernimmt die Erstellerin keine Verantwortung. Es ist dein Text, du machst damit, was du willst, aber behaupte später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.

Bereit? Dann los geht's!


Bild: Kathleen Pirro auf Pixabay

Übrigens: Diesen Artikel hier darfst du gerne mit drei Sternen oder weniger bewerten, denn das interessiert nur mich, dich und möglicherweise die drei anderen Leute, die diesen Monat auf diese Seite geklickt haben. Anders als bei Amazon, Thalia und Co. sind wir hier eine vollkommen Bot-freie, KI-lose Zone unter Menschen, die Feedback differenziert verarbeiten können. Wenn du mir deine Meinung zu diesem Thema mitteilen willst, kannst du das gerne auch per E-Mail tun!

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