„Gedichte – oder weniger“, so nannte ich vor 20 Jahren die Sammlung einiger meiner geistigen Ergüsse aus den Neunzigern, geboren aus dem einzigartigen Cocktail von Langeweile, Frust und Weltschmerz, wie ihn nur der Hormonhaushalt von Teenagern produzieren kann.
Einiges davon finde ich auch heute noch recht amüsant und möchte es daher hier teilen. Den Anfang macht mein Loblied auf die Schule, verfasst für die Abschlusszeitung der 10. Klasse (aber meines Wissens nie darin aufgenommen).
Zehn Jahre
Zehn Jahre gehe ich jetzt zur Schule. Zehn Jahre? Verdammt lange Zeit. Kam mir gar nicht so lang vor. Nun, sie war ja auch abwechslungsreich.
Manchmal hatten wir Unterricht
und manchmal eben auch nicht.
Und wenn wir keinen hatten, dann waren wir froh,
und wenn doch, dann sowieso.
Manchmal hatten die Lehrer viel Zeit,
und manchmal auch nicht.
Manches reimten sie uns zusammen,
so wie dieses Gedicht.
Manches war schwerer und anderes leicht,
doch zum Lernen hat die Zeit uns meist nicht gereicht.
Die Lehrer waren sehr individuell,
manche urteilten hart und schnell.
Manche jedoch, die war’n eher heiter,
bei denen fiel keiner so schnell von der Leiter.
Einige Lehrer nahmen alles gelassen,
und doch gibt es diese, die Schule so hassen,
wie die Schüler, die unter ihnen litten.
Doch möchte ich gleich um Verzeihung bitten.
Dies hier ist ja ein Lobeslied, also tun Sie, als wenn es die Zeile nicht gibt.
Was gibt es denn sonst noch zu sagen?
Vielen Dank, daß man uns hat ertragen
können, denn leicht war das sicherlich kaum,
behauptet man anderes, ist’s nur ein Traum.
Gäb’s auch viel Schlechtes, was man hier gern sagte,
das, was nicht Rechtens, ich hier gern erfragte.
Das Problem jedoch ist von leichtester Art:
Gesteh ich, das Leben war ziemlich hart,
so bringt mir das weiter nichts ein,
drum laß ich es einfach schön sein.
Wer anderer Meinung ist als ich,
der möge gern sprechen, da freue ich mich.
Spart es mir doch die häßlichen Seiten,
in das Loblieb einzuarbeiten.
Das Loblieb – ja so nenne ich es,
ein Loblieb auf Schule, Lehrer und Streß.
Denn all das verbindet ein jeder hier,
gewiß mit dem Alltag von uns – dir und mir.
Ich sage euch gern, daß es schön hier war,
und bringe euch dieses Loblied dar.
Stimmt mir zu, oder verflucht mich geheim,
denn jeder denke so wie es seine
persönliche Meinung beschreibt.
Wenn man zu sich selbst ehrlich bleibt.
Thematisch passend dazu und qualitativ auf demselben … ähem … Niveau:
Der Kutter
Es war mal ein Kutter
der hatte sechs Finder:
’nen Fischer, das Wasser, ’ne Frau und zwei Rinder.
Der Fischer ging fischen, das Wasser zur See,
die Frau nahm den Kutter, die Rinder den Klee.
Der Klee wuchs im Boot, da hatte er’s fein,
die Frau fuhr die Rinder aufs Meer und dann heim.
Da hatte ein jeder, was er sich erträumt und da ich schlief friedlich, hab den Bus ich versäumt.
Und jetzt?
Heute schreibe ich keine Gedicht mehr. Ich habe es gelegentlich anlässlich diverser Fest- und Ehrentage versucht, aber alles, was dabei herauskam, war pseudo-emotionales Geschwurbel, dass schon vor zweihundert Jahren, als sowas noch modern war, niemanden hinter dem Ofen vorgelockt hätte.
Ich schreibe am liebsten Romane, aber auch für diese Kunst kann sich beim Gedichteschreiben etwas abschauen. Kurz und knackig sollen sie sein, kein Wort zu viel und keins zu wenig. Der Fluss der Verse muss stimmen und die Pointe überraschen, wenn auch nicht zu sehr. Und natürlich brauchen sie ein Happy End. Wer liest schon gerne Bücher ohne Happy End? Ich jedenfalls nicht. Also schreibe ich sowas auch nicht.
Foto: Weiher in Wallersdorf, November 2019