Ausdrucksweisen

Du hast so eine Ausdrucksweise, die manchmal für dich und manchmal gegen dich arbeitet.

Sarah

Wer Autor*in sein will, hört oft, dass die eigene Stimme das ist, was Leser für deine Geschichte einnimmt und dazu bringt, mehr von dir lesen zu wollen. Jede Geschichte wurde schon einmal erzählt – aber eben nicht von dir.

Als altkluges Kind, vorlauter Teenager und rebellischer Twen fiel es mir schon immer leicht, meine eigene Stimme zu finden und auch einzusetzen. Sie ist ehrlich, direkt, derb, unhöflich, oftmals zu laut und manchmal viel strenger als gewollt. Das auszuhalten, ist nicht immer leicht, wenn du beispielsweise in einem nationalen Lockdown jede Woche, jeden Tag, jede Stunde mit mir verbringen musst. Aber du hast Glück: Du kannst dir aussuchen, ob du meine Geschichten liest. Wann du sie liest. Und wie viel davon.

Beispiel gefällig? Diese Szene stammt aus einer WIP, von der ich noch nicht weiß, ob ich sie veröffentlichen werde. Sie ist jedoch recht repräsentativ für meinen Schreibstil, die Themen, über die ich gerne schreibe, und meine Ausdrucksweise. Die in dieser Szene hoffentlich eher für mich als gegen mich arbeitet.

CN: Gewaltdarstellung, Fluchen, Alkoholkonsum, Sklaverei, Dämonen

Ich kehrte in meine Gemächer zurück. Biggie lag auf meinem Diwan und führte gerade einen Krug mit Wein zum Mund, während Evola und Tigra ihr die Füße massierten.

Toll. Genau, was ich jetzt brauchte – jemand, der mein Ding mit meinen Leuten macht, während ich von der Königin abgefieselt wurde.

Ich hob die Hand und schnippte aggressiv mit den Fingern. „Ich glaub, du weißt nicht, wo dein Platz ist, Biggie. Schwing deinen Arsch von meinem Sofa, bevor ich dich verschlinge.“

Betont langsam zog die Dämonin den beiden anderen Sklavinnen die Füße weg und erhob sich. Die Hände in die Hüften gestemmt, baute sie sich vor mir auf. Ich ließ ihr keine Zeit, das Imponiergehabe weiter durchzuziehen. Blitzartig packte ich ihren breiten Nacken, warf sie mir über die Schulter und rang sie zu Boden. Solange ich das Überraschungsmoment auf meiner Seite hatte, funktionierte das großartig. Ich prügelte auf ihr Gesicht ein. Das erwies sich bei der Menge kleiner, spitzer Hörner und den riesigen Hauern als schwierig und schmerzhaft. Doch ich hatte eine Menge Wut auszuteilen. Blut lief ihr von der gesprungenen Lippe, der aufgeplatzten Schläfe und den Wangen. Nicht alles, was an meinen Knöcheln klebte, stammte von ihr. Als ich einmal Atem holen musste, traf mich ihre Faust wie ein Vorschlaghammer vor die Brust. Eine kurze, orientierungslose Drehung später lag ich unter ihr. Sie wehrte meine Schläge ab, fasste meine Handgelenke mit ihrer Pranke und knallte sie über meinem Kopf auf den Fliesenboden. „Ich erkläre dir jetzt, wie das hier laufen wird.“ Sie grunzte. „Du kommst mir nicht in die Quere, erteilst mir keine Befehle und fasst mich nicht an. Dafür verschlinge ich weder dich noch die anderen Jämmerlinge hier. Verstanden?“

Ich versuchte vergeblich, mich zu befreien. Mit einem Aufschrei hilfloser Wut knallte ich meine Stirn gegen ihre Unterlippe. Sie zischte und zuckte zurück. Mit der freien Hand betastete sie die weitere Verletzung, die ich ihr beigebracht hatte. Sie fletschte die Zähne. „Anscheinend muss ich mich klarer ausdrücken.“ Sie schloss die Hand um meine Kehle und drückte zu.

Panik breitete sich in mir aus. Ich wand mich unter ihrem Griff, verzweifelt um Atem ringend. Schwarze Punkte sammelten sich in meinem Blickfeld.

„Nochmal: Du kommst mir nicht in die Quere.“

Die Kraft schwand aus meinen Gliedern, meine Lungen brannten.

„Du erteilst mir keine Befehle. Du fasst mich nicht an.“

Ich spürte mein Bewusstsein schwinden.

„Verstanden?“ Sie lockerte den Griff.

Röchelnd und hustend atmete ich ein. „Fick dich!“ presste ich hervor.

Biggie schüttelte den Kopf. „Später.“ Sie griff mir ins Haar und knallte meinen Kopf auf die Fliesen. Sodass mir kurzzeitig schwarz vor Augen wurde.

Wieder schloss sich ihre Pranke um meinen Hals. „Nochmal: Du …“

Der Druck auf meinen Hals ließ plötzlich nach. Dafür begrub mich Biggie nun vollends unter sich. Ihr Griff um meine Handgelenke löste sich. Ich presste die Hände gegen ihre Schultern und stieß sie von mir herunter. Hustend und würgend schob ich mich auf die Seite und fluchte. Als ich mich soweit gefangen hatte, dass ich mich sicher nicht übergeben würde, kroch ich auf allen vieren fort von ihr. Ich sah mich um. Vier der Sklaven standen an die Rückseite des Raumes gedrängt und beobachteten mich. Der Neue beugte sich zu mir herab. Er reichte mir die Hand. „Alles in Ordnung?“

„Wonach sieht es denn aus?“, blaffte ich. Ich kämpfte mich auf die Beine und ließ mich auf den Diwan fallen. „Wein!“ Ich musste wieder husten. Evola reichte mir einen Krug und ich leerte ihn in einem Zug. Dann erst versuchte ich, die letzten Momente zu rekonstruieren. Biggie lag leblos auf dem Boden. Bei genauerem Hinsehen, hob und senkte sich ihre Brust. Wenn ich mich nicht täuschte, schnarchte sie gar.

„Wie hast du das gemacht?“ Meine Stimme klang heiser.

„Schlafzauber. Erste Ordnung. Ein Taschenspielertrick.“ Er neigte den Kopf. „Schien mir die eleganteste Lösung.“

„Hm-hm.“ Ich schnippte mit den Fingern. „Mehr Wein, verdammt.“

Tigra brachte einen zweiten Krug. Nachdem ich auch den geleert hatte, und die betäubende Wirkung des Alkohols einsetzte, deutete ich auf Biggie. „Bringt sie raus auf den Gang und sagt der Wache, sie sollen sie recyceln.“

Aryion und Solas schleiften die Dämonin hinaus.

„Setz dich hier her“, befahl ich dem Neuen. „Wie war gleich noch dein Name?“

Er setzte sich auf die Kante des Diwans. „Kieran.“

„Woher kommst du, Kieran?“ Ich stellte den leeren Krug auf den Boden und streckte mich auf dem weichen Polster aus.

„Aus dem Norden.“

Unverbindlicher ging es kaum. „Wie haben sie dich erwischt? Du bist kein Frischling, oder? Warum bist du so schwach?“ Ich beugte mich vor und raunte ihm ins Ohr: „Warum spüre ich Feenmagie in dir?“

Wieder blitzte Furcht in seinem stoischen Gesicht auf. „Ich habe nicht vor, dir zu schaden, Herrin. Ich bin dein ergebener Diener.“

„Du bist ein miserabler Lügner.“ Ich packte ihm am Kragen und brachte mein Gesicht dicht vor seines. „Was verbirgst du?“

Seine tiefschwarzen Augen fixierten meine. „Ich hab dich gerettet. Genügt das nicht als Zeichen meiner Loyalität?“

Einige Augenblicke starrte ich ihn weiter an, fand jedoch nichts Unaufrichtiges in seinem Gesicht. Ich ließ ihn los und sank wieder auf den Diwan. „Ja, wahrscheinlich. Tut mir leid. In letzter Zeit haben ein paar Mal zu oft Leute versucht, mich in meinen Gemächern umzubringen.“ Stöhnend rieb ich mir über die Stirn. „Ich brauche ein Bad, ein Sandwich und Schlaf. Kannst du dich darum kümmern?“

Er neigte den Kopf. „Natürlich, Herrin.“

Bild: Peter Novotny von Pixabay

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