Die Vergänglichkeit des Seins – in Gestalt eines Käsekuchens

Zwanzig Jahre lang gab es unter der Domain kaesekuchen.de eine umfangreiche Sammlung an verschiedensten Käsekuchenrezepten. Eines davon trug den schönen Titel: Noch’n Gedicht: Omi Gertrud’s Käsekuchen mit Grieß und versprach im Untertitel: Gelingt immer.

Dieser Untertitel war es, der mich gemeinsam mit dem Heinz-Erhardt-Zitat dazu veranlasste, das Rezept auszuprobieren und was soll ich sagen – der Verfasser oder die Verfasserin hat nicht gelogen: Der Käsekuchen gelang immer. Zwanzig Jahre lang. Alle paar Monate rief ich in meinem Browser die Website auf, legte das Handy mit dem Rezept neben die Rührschüssel und kippte kiloweise Quark hinein. Dann aber, Ende 2021, verschwand die Seite kaesekuchen.de und mit ihr alle Rezepte darauf. Die Waybackmachine hatte zwar die Hauptseite, nicht aber die Unterseiten archiviert und so brach eine Welt für mich zusammen. Denn in zwanzig Jahren war ich nicht ein einziges Mal auf den Gedanken gekommen, das Rezept abzuspeichern oder gar auszudrucken. Nein, es ruhte ja in meiner Lesezeichenliste. Bis es das nicht mehr tat.

Seltsam, wie das Leben uns wichtige Lektionen in den unerwartetsten Momenten erteilt – wobei es eigentlich nicht verwundern sollte, im Internet unangenehme Überraschungen zu erleben, schließlich passiert das Millionen Menschen Tag für Tag. Dennoch ist es faszinierend, wie die Vergänglichkeit des Seins sich in den einfachsten Dingen manifestiert. Wie einem Käsekuchenrezept.

Glücklicherweise habe ich das Rezept im Laufe der Jahre oft genug verwendet, um mich mehr oder weniger genau an die Details zu erinnern. So musste mein Sohn auch zu seinem diesjährigen Geburtstag nicht auf seinen Lieblingksuchen verzichten und ich kann das Rezept hier für die Nachwelt archivieren. Dennoch habe ich meine Lektion gelernt und es zusätzlich auch noch in meinem Handy, auf der Festplatte, in der Cloud und in meinem E-Mail-Postfach gespeichert. Nur ausgedruckt habe ich es nicht – wir leben doch nicht mehr in den Neunzigern!

Auch wenn sie nicht meine Omi war, so werden Omi Gertrud und ihr Käsekuchen immer einen Platz in meinem Herzen haben und nun auch auf dieser Website. Ihr zu Ehren habe ich auch den „Deppenapostroph“ beibehalten, denn der gehört definitiv zur Magie des Rezepts.

Hier also das Rezept aus meiner Erinnerung, vermutlich mehr oder weniger dem von Omi Gertrud entsprechend. Wenn der Urheber des Rezepts mit dem Abdruck hier nicht einverstanden ist, möge er oder sie es mich bitte wissen lassen. Es bräche mir zwar das Herz, das Rezept von der Seite zu nehmen, aber ich würde es selbstverständlich tun. Alternativ geht immer auch Namensnennung und Verlinkung.

Noch’n Gedicht: Omi Gertrud’s Käsekuchen mit Grieß

Gelingt immer.

1500 g Quark

250 g Zucker

125 g Grieß

4 Eier

1 Pkg. Puddingpulver

2 Pkg. Vanillezucker

1 Prise Salz1Was hat es mit dieser Prise Salz auf sich, die in jeden Kuchen gehört? Ist das was Rituelles? Ein Opfer an die Kuchengötter? Ein Glücksbringer für gutes Gelingen? Weiß das jemand?

1 Fl. Zitronenaroma (oder 2 EL Zitronensaft)

In eine gefettete, runde Backform (⌀28 cm) füllen und je nach Ofen 60–70 Minuten bei 160 Grad backen. Funktioniert auch als Blechkuchen und ist dann nach ca. 35 Minuten fertig.

Variante 1: Eine Dose Mandarinen unter die Teigmasse rühren. Dann 2 Packungen Puddingpulver verwenden und den Kuchen unbedingt vollständig auskühlen lassen, bevor er aus der Form gelöst wird.

Variante 2: Russischer Zupfkuchen. Aus 300 g Mehl, 30 g ungesüßtem Kakaopulver, 2 gestrichenen TL Backpulver, 150 g Zucker, 1 Packung Vanillezucker, 1 Ei und 150 g Butter einen Knetteig anfertigen. 30 Minuten kaltstellen, dann ein Drittel als Boden und ein Drittel als Rand in die Backform drücken. Die Käsekuchenmasse darauf geben und den restlichen Teig obendrauf zupfen. Es können auch Herzen, Blumen oder Buchstaben geformt und oben draufgelegt werden. 75–90 Minuten bei 160 Grad backen und vor dem Entfernen der Form vollständig auskühlen lassen. Hält im Kühlschrank drei bis vier Tage.

Bild: mehrasaalizadeh auf Pixabay

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